Gruppenbild der Teilnehmenden der Jubiläumstagung © Jörg Heupel
Am 20.3.2025 veranstaltete das Nationale Europass Center eine Fachtagung im Bundesinstitut für Berufsbildung anlässlich des 20-jährigen Jubiläums von Europass. Rund 100 Teilnehmende aus Politik, Wissenschaft, Bildungspraxis und Verwaltung kamen zusammen, um die Entwicklung, Erfolge und zukünftigen Herausforderungen von Europass zu reflektieren und zu diskutieren. Das Tagungsprogramm finden Sie hier.
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Die Tagung eröffnete Berthold Hübers, Direktor der Nationalen Agentur Bildung für Europa beim BIBB, mit einem Blick zurück auf zwei Jahrzehnte Europass – einem Instrument, das sich von einer Sammlung standardisierter Dokumente hin zu einer dynamischen europäischen Plattform mit über 7,5 Millionen Nutzerprofilen entwickelt hat. In seinem Grußwort würdigte er die Erfolge aus den letzten zwei Jahrzehnten und warf einen Blick in die Zukunft des Instruments. Seit 2000 habe sich Europass stetig weiterentwickelt: von den blauen Heften aus Papier zur Dokumentation von Auslandserfahrungen bis hin zum modernen Online-Portal mit E-Portfolio und digitalen Zeugnissen. Europass stärke den europäischen Bildungsraum, verbessere die Lesbarkeit von Qualifikationen und unterstütze die berufliche Mobilität. Abschließend dankte er dem Nationalen Europass Center für die Umsetzung des Instruments in Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten und die Organisation der Tagung.
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Der Generalsekretär der Generaldirektion für Beschäftigung, Soziales und Integration der EU-Kommission, Mario Nava, würdigte in einer eigens aufgezeichneten Videobotschaft in deutscher Sprache die Entwicklung von Europass und präsentierte die verstärkten Synergien zwischen Europass und EURES in der Zukunft. Er hob das Potential hervor, das Europass innerhalb der „Union of Skills“ habe könne, insbesondere bei der Unterstützung der Übertragbarkeit von Kompetenzen. So könne Europass Prognosen zu Jobs und Qualifikationstrends und innovative Technologien wie künstliche Intelligenz nutzen, um zukunftssicher zu bleiben.
Die Keynote hielt Koen Nomden von der EU-Kommission, Generaldirektion für Beschäftigung, Soziales und Integration. Er verdeutlichte in seiner Keynote, wie Europass im Kontext der Union of Skills, der europäischen Kompetenzagenda sowie der Digitalen Dekade als zentrales Instrument zur Entwicklung und Sichtbarmachung von Kompetenzen fungiert. Seine Ausführungen unterstrichen die Rolle von Europass als Teil eines größeren europäischen Ökosystems zur Förderung von Arbeits- und Lernmobilität, Qualifikationsvergleich und digitaler Bildungsnachweise sowie Walletlösungen. Des Weiteren präsentierte Koen Nomden die geplante Integration von künstlicher Intelligenz im Europass-Portal vor („Europass Smart CV“), die Nutzenden dabei helfen soll, einen kurzen Lebenslauf zu erstellen, der passgenau auf eine bestimmte Stellenausschreibung ausgerichtet ist. Zudem kann der Einsatz von KI die Vorschläge für die Zusammenfassung persönlicher Fähigkeiten und darauf basierend die Darstellung passender Jobs und Weiterbildungen im persönlichen Europass-Profil verbessern.
Von der europäischen Ebene widmete sich der weitere Vormittag zunächst der Umsetzung in Deutschland. Peter Thiele, Referatsleiter des Referats 315 „Berufliche Weiterbildung und Europäischer Bildungsraum“ hielt ein Grußwort, in dem er die Relevanz von Europass für die deutsche Bildungspolitik betonte und aufzeigte, wie die Umsetzung von Europass in Deutschland erfolgt und auf welche Weise die nationalen Akteure kooperieren. Zudem betonte er die erfolgreiche Entwicklung des Europass Mobilitätsnachweises in Deutschland mit der Beantragung von mehr als 400.000 Mobilitätsnachweisen seit 2004.
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„20 Jahre Europass in Deutschland - Ein Rückblick in Bildern"
Unter diesem Titel präsentierte das Nationale Europass Center einen fotografischen Rückblick in Form eines Videoclips. Diese Retrospektive bot einen unterhaltsamen Überblick über die Aktivitäten des Nationalen Europass Centers in den vergangenen 20 Jahren wie etwa Tagungen, Messeauftritte, Verleihungen des Europass Mobilität durch prominente Persönlichkeiten sowie die Beteiligung an internationalen Arbeitsgruppen und Meetings.
Wie wird Europass in der Praxis genutzt? Was ist positiv? Welche Herausforderungen gab es bei der Implementierung und Nutzung? Welche Erfolge und Erlebnisse bleiben? In fünf Kurz-Interviews mit deutschen Akteuren aus verschiedenen Bereichen wurden diese Fragen näher erläutert.
Andrea Stein, EU-Geschäftsstelle in der Bezirksregierung Arnsberg, möchte Schulen im Regierungsbezirk das Europass-Portal als wichtiges Tool für den Übergang Schule-Beruf näherbringen. Sie plädierte dafür, die Nutzung des Europass-Portals bereits in der Grundschule einzuführen und sieht in Europass ein Instrument für die Schulentwicklung.
Sabine Lioy arbeitet bei der Nationalen Agentur Erasmus+ Schulbildung im Pädagogischen Austauschdienst. Sie ist unter anderem für den Europass Mobilität zuständig, der Auslandsaufenthalte von Schülern dokumentiert. Dieser wurde seit 2005 28.000 Mal an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland vergeben. Sie ist überzeugt: „Der Europass Mobilität ist für Schülerinnen und Schüler beides zugleich: Dokumentation von Lernerfahrungen - zum Beispiel für Bewerbungen - und Motivation, weitere Erfahrungen im Ausland zu sammeln.“
Uwe Peleikis, Schulleiter der Kaufmännischen Schule 1 in Stuttgart, arbeitet seit 2012 mit dem Europass und will Schülerinnen und Schülern die Möglichkeiten und Chancen von Auslandsaufenthalten näherbringen.
Sara Koobonye arbeitet im Nationalen Euroguidance Zentrum in der Auslands- und Fachvermittlung und schult u.a. Mitarbeitende der Bundesagentur für Arbeit zu Europass. Sie sagte: „Wir machen die Leute fit für den Europass, damit die BA bestmöglich beraten kann.“
Uta Behnisch, ehemalige Leiterin des Nationalen Europass Centers, war 1998 bei den allerersten „Gehversuchen“ des Europass-Berufsbildung und den Anfängen des NEC Deutschland mit dabei und betonte, dass sie den Netzwerkcharakter der Nationale Europass Centren immer geschätzt habe.
Nach den Kurz-Interviews mit deutschen Akteuren gab es Einblicke in nationale Implementierungsstrategien in anderen Ländern der EU. In einer Interviewrunde mit Vertreterinnen und Vertretern der nationalen Europass Center aus Österreich, Finnland und der französischen Gemeinschaft Belgien wurden nationale Schwerpunkte der Verbreitung erörtert und jeweilige Besonderheiten diskutiert. Das Vormittagsprogramm endete mit einem kleinen Wissens-Quiz für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
In Workshop 1 diskutierten die Teilnehmenden die Praxistauglichkeit von Europass und EURES. Als kritisch gesehen wurden unzureichend gepflegte EURES-Stellenanzeigen: Viele enthielten nur rudimentäre Informationen und nutzen Filtermöglichkeiten wie Sprach- oder IT-Kompetenzen nicht, was die Suche erschwere. Außerdem wurde hervorgehoben, dass langsame, bürokratische Verfahren – insbesondere bei Berufsanerkennungen und Aufenthaltsgenehmigungen – die eigentlichen Hürden für Fachkräfteeinwanderung darstellen. Europass-Zeugniserläuterungen wurden als hilfreiches Instrument zur Transparenz von Qualifikationen hervorgehoben. Eine EU-weite Nutzerbefragung soll weiteren Verbesserungsbedarf ermitteln.
Im Workshop 2 standen die Fragen im Fokus, welche Bedeutung Auslandsaufenthalte für Lernende in der beruflichen Bildung haben und welche Relevanz der Europass Mobilität für das Sichtbarmachen dieser Aufenthalte sowie der darin erworbenen Kompetenzen hat. Es wurde deutlich, dass die Lernende in der beruflichen Bildung während eines Auslandsaufenthaltes nicht nur ihre beruflichen, sondern insbesondere auch die persönlichen Kompetenzen stärken. Ein zentraler Aspekt der Diskussion war die Rolle des Europass Mobilität bei der Sichtbarmachung der Lernmobilität und der Kompetenzen. Dabei wurde der Mehrwert des Europass Mobilität von den Teilnehmenden besonders darin gesehen, dass es ein Instrument zur Qualitätssicherung von Auslandsaufenthalten darstellt und eine differenzierte Darstellung von Kompetenzen ermöglicht. Trotz dieser Vorteile wurden auch Herausforderungen benannt. So ist der Europass Mobilität bislang in der Praxis – insbesondere in der Wirtschaft – noch wenig bekannt und wird außerhalb von Erasmus+ nur selten genutzt. Zudem wurde der hohe Aufwand für das Ausfüllen der Dokumentation als Hemmnis genannt.
Im Workshop 3 „Digitale Lern- und Qualifikationsplattformen“ wurden drei zentrale Plattformen vorgestellt. Wiebke Paulus präsentierte das nationale Portal „mein NOW“, das fünf zentrale Dienste zur beruflichen Weiterbildung bietet – von Berufsinformation über Tests zur beruflichen Qualifizierung zu Weiterbildungsangeboten und Fördermöglichkeiten bis Beratung. Renata Suter stellte das Projekt „Mein Bildungsraum“ vor, das u.a. digitale Nachweise und eine zentrale Ablage-App („Wallet“) für Bildungsdokumente entwickelt. Koen Nomden zeigte die Europass-Plattform mit Smart CV, digitalen Credentials und dem European Learning Model. Diskutiert wurde die Herausforderung der Nutzerfreundlichkeit und Relevanz – insbesondere für nicht-akademische Zielgruppen.
Im Rahmen des Workshops 4 „Microcredentials - Potenziale und Perspektiven“ wurde das Thema Microcredentials und deren Potenzial für unterschiedliche Bildungsbereiche, insbesondere der Berufsbildung, beleuchtet. Microcredentials gewinnen in der europäischen Bildungspolitik zunehmend an Bedeutung. Sie bieten die Möglichkeit, spezifische Kompetenzen flexibel und gezielt zu erwerben, was insbesondere im Kontext von lebenslangem Lernen und der Anpassung an schnell wechselnde Arbeitsmarktanforderungen relevant ist. Bei den Impulsvorträgen standen Themen wie die Internationalisierung, die Digitalisierung als auch arbeitsmarktrelevante und unternehmenspolitische Aspekte im Vordergrund. Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Frage, wie Microcredentials in bereits bestehende Bildungssysteme integriert werden können. Im Hochschulbereich gibt es bereits viele Beispiele für eine erfolgreiche Umsetzung, während die Berufsbildung noch Potenzial zur Weiterentwicklung bietet. Zum Ende des Workshops wurde deutlich, dass die Implementierung von Microcredentials eine sorgfältige Planung und Zusammenarbeit europaweit erfordert, um so den größtmöglichen Nutzen für Lernende und den Arbeitsmarkt zu erzielen.
Im Abschlusspanel diskutierten Petra Jendrich (Bildungsministerium Rheinland-Pfalz), Dr. Knut Diekmann (DIHK), Peter Thiele (BMBF) und Koen Nomden (EU-Kommission) die strategische Verortung von Europass innerhalb der Agenda der neuen EU-Kommission und vertieften den Blick in die am 5.3.2020 veröffentlichte „Union of Skills“. Der Fokus lag auf der Rolle von Europass für Chancengleichheit und die Anerkennung non-formalen und informellen Lernens, europäischer und nationaler Interoperabilität, digitalen Nachweisen und der Weiterentwicklung des Europäischen Bildungsraums.
Ein musikalischer Ausklang mit einer extra für das Europass-Jubiläum angefertigten Geburtstagstorte rundete die Tagung feierlich ab. Die Torte wurde von einer Auszubildenden des Carl-Reuther-Berufskolleg gebacken, die selbst ein Auslandspraktikum in Norwegen mit Erasmus+ absolviert und dafür den Europass Mobilitätsnachweis erhalten hatte.
Die Jubiläumstagung „20 Jahre Europass“ hat eindrucksvoll gezeigt, wie sich das Instrument in zwei Jahrzehnten zu einem digitalen Knotenpunkt für Bildung und Arbeitsmobilität in Europa entwickelt hat. Europass ist heute mehr denn je ein zukunftsweisendes Werkzeug zur Förderung von Transparenz, Anerkennung und Mobilität von Kompetenzen – national wie europäisch.